Die Philosophie des OM

Text: Lisa Crone

In der Māṇḍūkya-Upaniṣad wird die Philosophie des OM vorgestellt. Es symbolisiert die "Einheit von allem" und stellt den Urklang dar, aus dem das Universum entstanden ist. OM repräsentiert das Ewige und ist ein Ausdruck für das transzendente Prinzip.

 

OM ist ein Mantra und setzt sich aus den Lauten A, U und M zusammen:

  • A steht für den Beginn, den Aufbruch und die Öffnung, was den Wachzustand oder das Alltagsbewusstsein symbolisiert. Es ist das Urbild der physischen Welt und des Wahrnehmens durch die Sinne.
  • U symbolisiert den Wandel, den Umbruch und den Zustand des Traumbewusstseins, in dem wir uns auf eine Reise in die innere Welt begeben, die oft die Vergangenheit reflektiert.
  • M steht für die Rückkehr zur Ruhe, für den Zustand des tiefen, traumlosen Schlafs. Dieser Zustand wird als unbewusst, sorglos und wunschfrei beschrieben und gilt daher als Zustand der Glückseligkeit.

Oben im Schriftzeichen von OM findet sich ein Punkt, der die vierte Dimension symbolisiert - die Ebene jenseits der drei genannten Zustände. Diese Dimension ist unhörbar und stellt das ungeteilte, vollständige AUM/OM dar, das über die begrenzten Zustände hinausgeht. Sie wird als ein Zustand beschrieben, der von ständigem Wandel unabhängig ist - ein Bewusstsein der unmittelbaren Präsenz im Hier und Jetzt, das schwer fassbar und unbeschreiblich ist. In den Schriften wird dieser Zustand auch als unermesslicher Frieden bezeichnet.

 

Im Tantrismus wird die Praxis der OM-Meditation weitergeführt, wie im Vijñana Bhairava, Vers 39: „O Bhairavī, wenn man die heilige Silbe OṂ (…) vollkommen ausspricht und über die Leere am Ende des gedehnten Ausklangs meditiert, so erreicht man durch die höchste Energie der Leere den Zustand der Leere.“

 

Bei dieser Meditationspraxis fokussieren wir uns auf den Moment zwischen zwei OM-Lauten. Dies führt uns zur "Mitte" (madhyā), dem Punkt, der uns auf unserer Reise zur Urschwingung den Weg weist.


Bild: Rohan Reddy | unsplash.com

 

Literatur & Quellen:

  • BDYoga e.V. (Hrsg.): Der Weg des Yoga, Handbuch für Übende und Lehrende: Vianova Verlag 2007
  • Bäumer, Bettina: Vijñana Bhairava - Das göttliche Bewusstsein: Verlag der Weltreligionen 2008

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